Das ist immer total einfach auf "die da oben" zu schimpfen und klar soll die Industrie überall das Beste von Übermorgen schon heute einbauen. Aber glaubt irgendjemand wirklich das "die Industrie" das einfach so zahlt? Da stecken Gewinnmodelle und Renditeanforderungen dahinter und am Ende gibt es nur einen der Geld in die Kassen spült und das ist der Kunde.
Alles was ich da fordere zahlt der Kunde am Ende mehr, denn woher sollte denn "die Industrie" sonst das Geld dafür nehmen, wenn nicht aus ihren Einnahmen.
Und exakt dazu gibt es ja die Gesetze. Um die Hersteller dazu zu zwingen, etwas zu unternehmen. Der Sinn der verschärften Norm war, die Abgaswerte in der Luft zu senken, um auch die EU-Grenzwerte in der Umgebungsluft zu schaffen. Wenn ich jetzt - wie von @Cabriofan beschrieben - die Lücken im Testverfahren offensichtlich so weit ausreize, dass die Resultate nichts mehr mit der Realität zu tun haben - dann kann man von einer betrügerischen Absicht sprechen. Eben genauso, wie ich mir mit betrügerischer Absicht bei Aktiengeschäften Steuern en masse erstatten lassen kann - das war nicht Sinn des Gesetzes. Und die Gerichte legen die Gesetze bei der Rechtsprechung nunmal auch nach der Intention des Gesetzgebers aus, und die war es, die Luftqualität für alle Bürger zu verbessern. Deshalb wäre es sicherlich auch möglich, die Hersteller zu Umrüstungen zu zwingen.
Die dt. Autohersteller haben alle satte Gewinne eingefahren in den letzten Jahren, und im Vergleich zum derzeitigen PR-Desaster und den Milliardenstrafen in den USA - der flächendeckende Einbau von korrekt dimensionierten SCR-Kats hätte sicherlich weniger gekostet. Die Strafen zahlt jetzt übrigens auch jeder neue VW-Kunde mit, denn wie du @MX505korrekt bemerkst gibt es am Ende nur einen der dafür bezahlt.
Für mich persönlich ist es einer der wichtigsten Grundsätze der Politik, die Schwächsten in unserer Gesellschaft zu schützen. Das sind z.B. die, die sich gar kein Auto leisten können, aber an einer der vielbefahrenen Straßen wohnen, weil da die Mieten günstig sind. Ich kenne die Messstation in Augsburg, und ich würde definitiv nie in diese Straße ziehen - wegen der hohen Verkehrsbelastung. Mir reicht es schon, wenn ich da im Winter 5 Minuten als Fußgänger an der Ampel warten muss. Angenehm sind die Abgase von einem kalten Diesel definitiv nicht.
Wenn mein Auto jetzt 200€ mehr kostet weil es dann aber die Abgasvorschriften korrekt erfüllt - OK, damit kann ich (und ich denke so ziemlich jeder hier im Forum) leben. Wir sind dahingehend sicherlich etwas privilegierter, und das verpflichtet nunmal auch - wir leben hier schließlich in einer Gesellschaft auf Augenhöhe. Außerdem: Bei BMW z.B. hat man zumindest bei einigen Modellen darauf geachtet, dass die Grenzwerte im Realbetrieb auch geschafft werden. Haben die Leute auch gekauft...
Der Grundsatz bedeutet natürlich auch, dass die Politik eine Lösung für die Fahrverbote finden muss. Eine Familie die sich vor ein paar Jahren ein Euro 5 KFZ gekauft hat und finanziell nicht gut aufgestellt ist, sollte dafür nicht zur Kasse gebeten werden. Die Autohersteller können sich eine Nachrüstung aber definitiv leisten.
Und dann sind wir wieder schnell beim Thema bezahlbare Mobilität für jeden, die mit jeder neuen Forderung in weite Ferne rückt. Ich kenne aber irgendwie niemanden der freudig erregt ruft "hurra, die Autos werden teuer, aber dafür sind sie ja schön sauber".
Vielleicht müssen wir uns auch einfach von der Vorstellung verabschieden, dass bezahlbare Mobilität zwangsläufig ein Auto für jeden bedeutet. Ich hätte kein Problem damit, in der Großstadt nur mit E-Bike und gut organisiertem E-Auto-Carsharing unterwegs zu sein. Bezahlbar ist das schon jetzt. Und für die 3x bei denen es wirklich nicht anders geht als mit dem eigenen Auto, oder es ein Notfall ist, bezahlt man dann wie in London eine saftige City-Maut. Wäre machbar. Die Diskussion führt hier aber vermutlich etwas zu weit...
Versteht mich bitte nicht falsch. Klimaschutz und auch saubere Städte sind absolut wichtige Punkte um die man sich kümmern muss. Aber bitte doch nicht, in dem ich hier Solitär die Automobilindustrie für sämtliche Schadstoffe und den Weltfrieden verantwortlich mache.
Das war nie meine Absicht und das habe ich so - hoffentlich - auch nicht ausgedrückt. Man muss aber ganz klar sagen: wenn die Automobilindustrie hier nicht versucht hätte, alle - Kunden, Bürger, und letzten Endes sogar die Politiker - so zu bescheißen, hätten wir die Diskussion und die Fahrverbote jetzt nicht. Mein Aufhänger war und ist an der Diskussion: verteufelt doch bitte nicht die DUH (von deren Gebaren man halten kann was man will), die Gerichte oder die Grenzwerte (die sind definitiv einhaltbar!) - denn die richtigen Adressaten für den Frust über Fahrverbote sitzen nunmal in Wolfsburg, Stuttgart, München und co. Das wäre ganz klar vermeidbar gewesen!
Aus meiner Sicht muss man sich da um einen holistischen, globalen Ansatz kümmern und da darf es nicht nur um NOx, CO2 oder andere solitäre Betrachtungen gehen und auch nicht nur um die Autos.
Dann bin ich wieder voll dabei. Wenn dann feststeht wer welchen Beitrag leisten muss, dann muss es auch die Autoindustrie leisten. Und dann aber bitte auch so, dass nicht in Amerika und China alles rausgeballert wird, während Lieschen Müller in Hamburg ihr Auto nicht mehr benutzen darf und nicht weiß, wie die Kinder in die Schule kommen.
Das wäre absolut wünschenswert. Ich sehe aber auch kein Problem damit, in der EU mit gutem Beispiel - natürlich ganzheitlich - voranzugehen. Es kann auch Vorreiter geben, die zeigen wie es geht. Schlechteres Klima bekommen wir dadurch definitiv nicht...