Moin zusammen,
die Englische Anleitung war hier, ist aber nicht mehr verfügbar.
nachdem ich gerade am Wochenende das neue Wohnmobil meines alten Herrn "gewachst und gefettet" habe, wollte ich hier noch einmal Mut zum "Selbermachen" propagieren; wer sich an die üblichen Wartungsarbeiten herantraut, braucht wirklich keine Angst vor einer Hohlraumversiegelung zu haben - ist halt eine wirklich schmutzige Arbeit und man muss sich darüber im Klaren sein, dass eine gewisse "Anfangsinvestition" nötig ist. Allerdings kann man bei einer einmaligen Aktion durchaus das Equipment bei den bekannten Spezis (Korrosionsschutzdepot sei als Beispiel genannt) ausleihen, den Kram für zukünftige Projekte behalten oder kaufen und wieder verkaufen.
Wer das nicht will und lieber für guten Service gutes Geld bezahlt, der soll das gern machen und braucht nicht weiterlesen. Wen es (wie mich) reizt sich an sowas selbst zu wagen, dem versuche ich hier aus meiner Erfahrung zusammenzuschreiben, wie ich an das Thema herangegangen bin.
Ich habe bisher bei Neuwagen UBS220/240 von Fertan für die Flächen und Mike Sanders für die Hohlräume verwendet, mein Vorgehen bezieht sich also auf diese Produkte - man kann seitenlange Glaubenskämpfe über die richtige Produktauswahl führen, das muss hier aber nicht sein. Zur Hand sollten sein:
- Hebebühne (ohne wird's echt doof)
- Handelsübliches Handwerkzeug zum Entfernen von diversen Anbauteilen, Radmuttern- und Drehmomentschlüssel
- Clipheber / Keile zum Entfernen von Interieurteilen
- Quadratmeterweise Abdeckfolie und alte Kartons / Pappe
- Maskier- oder auch Kreppband zum Abkleben
- Ein handelsüblicher Fön und ein darauf passender Schlauch oder HT-Rohr
- Ein Einkochautomat/Glühweinkocher (gebraucht?) und ein Ablasshahn aus dem Baumarkt (Was anderes sind die "Schmelzautomaten", die gern teuer dafür angeboten werden, auch nicht)
- Die billigste Saugbecherpistole (für Wachs)
- Eine gute Druckbecherpistole mit Hohlraum- und Hakensonde (kann man leihen!)
- PSA (Schutzbrille, gute Atemschutzmaske für Lösungsmittelhaltige Stoffe, Schutzbrille, Handschuhe und Ganzkörperanzug mit Kapuze)
- Fertan UBS 220/240 (Oder eine Alternative der Wahl)
- Mike Sanders / TimeMax / ... Irgendein Fett halt.
- Druckluft und Strom (Wer hätte es gedacht..?)
Nach einer gründlichen(!) Unterbodenwäsche kommt der blödeste Teil: Zerlegen und Abkleben. Nach meiner Erinnerung habe ich vom ND damals abgebaut:
- Räder
- Radhausschalen
- Scheinwerfer und SBBRs
- Front- und Heckschürze
- Türverkleidungen
- Speziell MX5: Alu-Crashelemente vorn und hinten wegen der unzureichenden galvanischen Trennung zum Stahl-Längsträger. Nicht zu übersehen wenn die Schürzen ab sind... Die Flansche direkt nach dem Ausbau entfetten und mit irgendeinem Lack versiegeln. (Alles ist besser als der Werkszustand (nichts), wer will kann natürlich auch oben ins Regal greifen und einen guten Lack wie Brantho Korrux / Nitrofest verwenden)
Wenn schon rostig: Jetzt handeln. Einfacher wird's nicht mehr. Wichtig: Hier sollte später kein Fett oder Wachs zwischen, da die Reibwerte der beiden Teile durchaus crashrelevant sind!
Für alle diese Schritte habe ich mir die Anleitungen damals aus der Drive geholt, habe jetzt aber nicht geprüft, ob die noch verfügbar sind. So sah das ganze dann aus.
Am Unterboden abzukleben sind dann:
- Motor/Getriebe
- Abgasanlage
- Bremsen (am besten in einen Müllsack einwickeln o.Ä.)
- Kardanwelle / Diff.
- Sämtliche Schrauben / Gewinde am Fahrwerk (Kreppband)
- Je nach dem ob man lieber jetzt vier Stunden länger abklebt oder sich in ein paar Jahren über die vollgeschmierten Schrauben ärgern will: Verschraubungen der Bremsleitungen etc.
"Obenrum" habe ich es wie folgt gemacht:
- Bei geöffneten Türen Dach, Windschutzscheibe und Einstiege abkleben
- Seitenscheiben separat abkleben
- Radläufe an der Innenkante mit Kreppband abkleben, sodass die Folie daran hängenbleibt. Radläufe dann mit Cutter ausschneiden, sodass man hier arbeiten kann
Beispielfotos vom Wohnmobil:
Abkleben.jpg
Abkleben_AGA.jpg
Wenn das geschafft ist, ist das Schlimmste schon vorbei. Im nächsten Schritt werden dann sämtliche FLÄCHEN am Unterboden und in den Radhäusern, die ab Werk nur grundiert sind, mit dem Wachs behandelt. Vorher ggf. noch ordentlich trocknen (Druckluft) und entfetten. Zur Verwendung der Saugbecherpistole und des Materials gibt's haufenweise Anleitungen im Netz. Dabei auf die eigene Sicherheit achten, das Wachs ist Lösemittelhaltig. Also Atemschutz und ausreichende Belüftung sicherstellen. Außerdem darauf achten, dass beim Arbeiten mit Druckluft natürlich unzureichend verklebte Folie "hochgeblasen" werden kann, das Zeug will man aber sicher nicht auf dem Lack haben. Falls das doch passiert: Gleich gründlich entfernen, später wird's eine Qual.
Das ganze dauert nicht lang, am besten aber zu zweit arbeiten und systematisch vorgehen; beim Arbeiten über Kopf verliert man schnell die Orientierung (kann auch mein persönliches Problem sein ) und sollte immer mal wieder aus verschiedenen Winkeln gucken, ob man alle Bereiche von allen Seiten erwischt hat. Mangels Fotodokumentation vom MX5 hier vom Wohnmobil: Von Nackt und Grundiert zu eingewachst:
Unterboden_vorher.jpg
Unterboden_nur Wachs.jpg
Das Wachs ist bernsteinfarben-transparent, sodass der Zustand des Blechs noch immer sichtbar bleibt. Gleichzeitig ist die Oberfläche aber nach der Trocknung nicht so abartig klebrig, daher ist das mein Favorit. Am besten macht man sich jetzt ein Bier auf und lässt das Zeug bis zum nächsten Tag trocknen.
Die eigentliche Sauerei kommt jetzt. Mit dem Glühweinautomat wird das Fett aufgeschmolzen. (Beim MX5 reichen locker zwei 4kg-Eimer, da blieb sogar noch was übrig) und auf über 100°C erhitzt. Aus der HT-Rohr-Fön-Kombination baut ihr euch eine Konstruktion, in die die Verarbeitungsgeräte gesteckt und so warm gehalten werden können. Je nach Außentemperatur verstopfen sonst die Sonden. Auch bereits benutzte Geräte (in denen noch Reste hängen) lassen sich so einfach wieder gangbar machen.
Es sollte klar sein, aber noch mal in aller Deutlichkeit: Heißes Fett und nackte Haut sind eine wirklich nicht empfehlenswerte Kombination. Tragt Gummihandschuhe und darüber noch welche für den Hitzeschutz. Sollte euch Fett über die Hand laufen, könnt ihr diese beiden Lagen schnell entfernen und so das Schlimmste vermeiden. Am blödesten ist das Handling der heißen Pistole beim Nachfüllen und das Wiedereinschrauben des zwangsläufig glitschigen und heißen Bechers in die Pistole. Macht euch vorher Gedanken darüber, wie das funktioniert und habt am Besten einen Helfer zur Hand.
Spätestens jetzt sollte man den Fußboden unter dem Auto schützen, große Kartons zusammenkleben ist besser als Folie, da diese zwangsläufig unter den Füßen kleben bleibt oder vom Druckluftschlauch zerstört/verschoben wird.
Ich beginne immer mit der Hakendüse, das läuft aber unter "Macht der Gewohnheit" und hat keinen technischen Hintergrund. Mit dieser kommt Fett (sparsam!) in die Türen, selbstverständlich nach Unten gerichtet und nicht in Richtung Scheibe. Sparsam deshalb, weil mit Fett verstopfte Abläufe aus der Tür nach jedem Regenguss ein Aquarium machen und somit auch nicht helfen. Ich spreche da leider aus Erfahrung.
Nach den Türen kommt das Fett aus der Hakendüse noch von innen an die Radläufe (Quasi an die "Bördelkante", ihr wisst, was ich meine) und an alle Stellen am Unterboden, an denen Bleche überlappen und möglicherweise Feuchtigkeit in die Zwischenräume ziehen könnte. Bei mir kommt das Zeug dabei ganz emotionslos auf die schon vorhandene Wachsschicht; selbst wenn diese mal versprödet, hat man so an den neuralgischen Stellen noch die Fettschicht als Hosenträger zum Gürtel.
Danach kommt die Hohlraumsonde zum Einsatz. Ein Plan ist eigentlich nicht erforderlich, der nackte Unterboden kann ja kein Geheimnis für sich behalten. Rein damit in alle Längs- und Querholme und bei gedrücktem Auslösen die Düse langsam zurückziehen. Das heiße Fett läuft dabei aus allen Hohlräumen raus, man sollte also einen Gewissen Respektabstand wahren und rechtzeitig vor Austritt der Sonde aus dem Hohlraum den Auslöser loslassen. Die Lektion lernt man aber schnell, keine Sorge. Wer sich nicht sicher ist, kann mit einem kleinen Spiegel oder einem Endoskop (das danach eine halbe Stunde geschrubbt werden will) den Erfolg seines Handelns kontrollieren und ggf. die Geschwindigkeit anpassen.
Beim MX5 vorsichtig mit den Öffnungen der Rücklichter und mit denen, die hinter den Hinteren Kotflügeln entlang laufen: Hier sind Innenraum und Dachkasten nah, ich würde nicht riskieren, dort einen Hub Fett reinzujagen! Wer unbedingt auch hier Versiegeln will, der sollte lieber ein Lösemittelhaltiges Wachs mit Hohlraumdüse nehmen. Ich persönlich denke, dass das Versiegeln von Unterboden, Schweller und Radhausschalen ausreicht und habe hier nur einen "kleinen Spritzer" Fett gezielt in Richtung Endspitze gejagt.
Wieder Beispiel Wohnmobil: Hohlräume geflutet, Blechdopplungen und -falze mit Fett eingesprüht:
Unterboden_nachher.jpg
Da das Fett eh nicht fest wird, kann unmittelbar mit der Entfernung von Klebeband und Folie, Reinigung und Zusammenbau begonnen werden. Im Gegensatz zu dem lösemittelhaltigen Wachs lässt das Fett sich jederzeit entfernen. Warmes Wasser und Spülmittel sind perfekt, funktionieren sogar besser als Bremsenreiniger. Damit sollten sich also eventuelle Spritzer auf dem Lack und auch die Werkzeuge problemlos reinigen lassen.
Danach kurz über übriggebliebene Schrauben ärgern, diese unauffällig verschwinden lassen und Abfahrt - eigentlich also ganz einfach!
EDIT: Wer vor dem Montieren der Räder die Bremsen reinigt, macht sicherlich auch nichts falsch. Das das Auto die ersten Kilometer etwas stinkt, darf ebenfalls als normal gelten - ganz vermeiden lassen sich Wachs- und Fettspritzer an Motor- und Auspuffteilen nicht.