Das ist mal eine interessante Frage...Bei meinem Unfall Baum-vs-Auto hatten die pyrotechnischen Gurtstraffer mit den Airbags ausgelöst. Damit war ein Sekundäraufprall gar nicht mehr gegeben und ich hatte nichtmal die sog. Gurtmarken am Oberkörper. Der Airbag hat mir die Brille von der Nase gefegt und mir den Kopf ziemlich an die Kopfstütze gedrückt. Kein HWS-Trauma, lediglich eine leichte Prellung oben an der Nase, wo die Brille saß....
Den "Sekundäraufprall" hast du immer. Du bist ja (ich darf das mal so sagen) eine träge Masse und hast in dem Moment, in dem deine Stoßstange schon den Baum umarmt, noch die volle Geschwindigkeit drauf. Das Weg-Zeit-Diagramm des Autos sieht also anders aus als das deines Körpers. (Das Auto verzögert ab dem Einschlag in den Baum, du verzögerst, sobald dein Körper im Gurt hängt; also erst, wenn die Gurtlose, die Dämpfung deiner Kleidung und weitere Faktoren "aufgebraucht" sind.)
Rein physikalisch zielen alle Maßnahmen im Insassenschutz darauf ab, diese Weg-Zeit-Diagramme so weit wie möglich übereinander zu legen, damit die auftretende Verzögerung so gering wie möglich wird und die Körper der Insassen möglichst lang und möglichst weich verzögert werden. (Soweit logisch: wenn du "später" anfängst zu verzögern, musst du halt entsprechend "härter" abgebremst werden)
An diesem Punkt erscheinen mir die "festen" Gurte durchaus sinnvoll: Dein Körper wird auf einer vergleichsweise großen Oberfläche gehalten (weniger punktuelle Belastung) und du beteiligst dich von Beginn an an der Verzögerung des Fahrzeugs. Ich kann mir vorstellen, dass das ab einer bestimmten Geschwindigkeit deine Überlebenschancen drastisch steigert, du aber in den "typischen" Crashgeschwindigkeiten mit der bewussten Begrenzung der Rückhaltekräfte (Gurtkraftbegrenzer) und Airbag "besser" fährst. Vielleicht gibt es hier ja diesbezügliches Expertenwissen...