Unterschiede in der Fahrwerkseinstellung für Front- und Heckantrieb

  • Ich mache mal einen neuen Thread zu dem Thema auf.


    Ausgangspunkt war diese Frage in einem anderen Thread: Achs-/Spur-Vermessung bei Neuwagen?


    Spur ist ein gutes Stichwort. Vorne fährt man beim Fronttriebler in der Regel relativ wenig Spur, weil der Antrieb die Räder unter Traktion sowieso in die Vorspur zieht. Das ist dann ähnlich wie beim MX, der vorne auch in der Regel nicht so viel Spur fährt bei ca. 10' gesamt.
    Hinten fahre ich in der Regel je nach Achse auch mal etwas mehr Vorspur, wenn ich das Auto stabiler machen möchte (10-20' gesamt), oder sogar Nullspur, wenn es etwas agiler sein darf. Im Rennsport wird für den Fronttriebler auch gerne mal Nachspur gefahren, um das Heck loser zu machen.


    Die Sturzwerte sind relativ ähnlich, wie wir sie auch vom MX als Werkswerte kennen. Vorderachse um die 0,5-1,0° und Hinterachse 1,0-1,5°.


    Ein Unterschied bei den beiden Antriebsarten liegt dann im Reifenverschleiß.


    Generell hat der Fronttriebler an der Vorderachse mehr Verschleiß, weil diese Achse gleichzeitig Traktion und Bremsen übertragen muss. Daher fährt man an der Vorderachse eher moderate Spur- und Sturzwerte, um den Verschleiß über die Geometrie gering zu halten. Etwas mehr Sturz an der Vorderachse funktioniert in der Regel gut und wird auch gerne bei sportlichen Autos benutzt, um das Untersteuern zu reduzieren (z.B. Golf GTI Clubsport S, der extra eine eigene Vorderachse mit mehr Sturz bekommen hat). Das geht dann aber klar auf Kosten des Verschleiß.
    An der Hinterachse verträgt der Fronttriebler, da die Achse geschleppt ist nicht so viel Sturz. Das fährt sehr schnell zu hohem Verschleiß und anderen Problemen wie Sägezahnbildung und ist auch gar nicht unbedingt gewünscht, da man damit ja das Untersteuern verstärken würde.


    Beim Hecktriebler muss man an der Vorderachse mit zu hoher Spur oder zu hohem Sturz aufpassen, weil ich sonst, wie beim Fronttriebler hinten, auch schnell Verschleißprobleme bekomme. Dafür verträgt der Hecktriebler an der Hinterachse in der Regel mehr Sturz, da die Achse unter Traktion weiter in die Vorspur gezogen wird, was dem Sturz entgegen wirkt.
    Nachspur an der Hinterachse macht man beim Hecktriebler eher selten, da die Achse über den Antrieb und die Gewichtsverteilung in der Regel sowieso schon recht agil ist. Es gibt aber auch da ein paar Beispiele aus dem Rennsport, bei denen auch Hecktriebler über Nachspur agilisiert werden.


    Die Vorderachsen sind also in den Einstellungen beider Antriebsarten sehr ähnlich. An der Hinterachse fährt man mit dem Hecktriebler eher stabilere EInstellungen mit mehr Sturz und Vorspur, die diese Antriebsart auch gut verträgt. Der Fronttriebler fährt dagegen hinten eher weniger Sturz und Spur.

  • ... Danke für die Ausführungen @MX505! Ein wirklich interessantes Thema.


    Vor dem MX5-ND hatte ich einen MINI Cooper F56. Der hat bei starken Bremsen (noch ohne ABS-Einsatz) zum Schlingern angefangen. Möglicherweise hat der das Problem: Relativ breite Spur bei entsprechend kurzen Radstand. Oder ist so ein Phänomen auch der FW-Einstellung geschuldet? Wenn ABS eingriff, wirkte sich das stabilisierend aus. Oder kann so etwas auch an der Runflat-Bereifung liegen? Ich hoffe, ich bin nicht zu neugierig.

    CX3 G120-MT Kizoku Intense satinweiß-metallic, EZ 19.03.2018
    ND G131-EL saphirblau, EZ 30.03.2016

  • So etwas kann sogar schlicht von einer ungünstigen Gewichtsverteilung im Auto herrühren, eingeleitete Störungen können das Fahrwerk dann z.B. links und rechts unterschiedlich stark anregen. Zum Mini F56 kann ich nichts sagen, aber Citroen hatte beim Konkurrenten DS3 (jetzt: DS 3) dieses Problem. "Gelöst" wurde das tatsächlich durch ein passend gelagertes Zusatzgewicht rechts hinter der Hinterachse. Absurd schwer, ich habe etwas von 30 kg (oder noch mehr) im Gedächtnis. Nix Grammstrategie ...

    Roadster G 132, Quatrac Ganzjahresreifen

  • Leichte Fronttriebler haben immer Probleme mit der Hinterachsstabilität. Die Hinterachse ist sehr leicht, der Radstand kurz, da kommt dann beim Bremsen Bewegung ins Heck.


    Die Fahrwerkeinstellung kann da durchaus helfen, oder auch Schaden. Die Vorderachse geht beim Einfedern in Nachspur und die Hinterachse beim Ausfedern. D.h. beim starken Bremsen kann es je nach Einstellung sein, dass beide Achsen in die Nachspur kommen. Der Geradeauslauf wird dann schlechter, so dass ich Schlinger-Impulse ins Auto bekomme und gleichzeitig verliert die Hinterachse durch die Nachspur Stabilität. Das fühlt sich dann sehr unangenehm an, obwohl es in der Regel noch recht unkritisch ist.


    Das ABS/ESC hat eine Stabilisierungsfunktion, d.h. das erkennt diese Bewegungen, regelt dagegen und bringt wieder Ruhe ins Auto.


    Helfen kann es dann beide Achsen etwas mehr in Vorspur zu stellen, was Dir aber beim Kurvenfahren wieder Agilität nimmt und das Auto behäbiger macht.


    Die Reifen haben dabei eigentlich nur einen geringen Einfluss. Klar ein sehr gutmütiger Reifen filtert da mehr weg und ein giftiger Reifen verschlimmert so etwas, aber es kommt aus der Fahrzeuggeometrie.